Weißstörche

Kaum eine andere Tierart ist mit dem Leben der Menschen auf dem Land so sehr verbunden wie der Weißstorch. Häuser und Schornsteine bildeten traditionell die Orte an denen die Weißstörche ihre riesigen Nester bauten. Heute sind es vor allem Betonpfeiler mit künstlichen Horstkronen, die mit viel Aufwand errichtet werden.

 

Im Osthavelland sind derzeit drei ehrenamtliche Storchenbetreuer unterwegs.

 

Zu unseren Hauptaufgaben gehört der Schutz und die Zählung der Altstörche und deren Nachwuchs. Hierbei arbeiten wir eng mit den zahlreichen Storchenfans vor Ort zusammen.

Die Nester der Horste müssen bei Bedarf gereinigt werden. Gelegentlich werden auch neue Nistmöglichkeiten versetzt oder neu geschaffen.

Besonders spannend ist das Aufspüren von beringten Störchen, denn über die Ringdaten können wir Herkunft und Aufenthaltsorte erfahren.

Drei Jungstörche kurz vor dem Ausfliegen

Foto: NABU/ Claudia Jörg


Ein großer Aufwand, bei dem Unterstützung immer gern gesehen wird!

 

Kontakt:

Claudia Jörg

stoerche@nabu-osthavelland.de


Unsere Horste und ihre Standorte

Betonmasthorst in Gutenpaaren
Betonmasthorst in Gutenpaaren

Über 80 Horste werden im Ost-Havelland betreut.

 

Betonmasthorste – die häufigste Immobilie

Die meisten der heutigen Horste sind auf Betonmasten errichtet, seltener auf älteren Holzmasten. Daneben existieren auch noch einige Dachnester, die meist von Menschen errichtet wurden.

 

Die von Störchen selbst gebaute Nester kann man noch auf wenigen inaktiven Schornsteinen sehen. Allerdings sind diese Nester „Marke Eigenbau“ durch Abriss der Schornsteine oder ganzer Gebäude (z.B.  Tierställe) weitgehend verloren gegangen.

 

Kürzlich bauten Störche ein Nest auf einem Baum mit stark geköpfter Krone – das ist allerdings eine große Seltenheit in unserem „Revier“.

 

Übrigens: Die Betonmasthorste sehen unromantisch aus, aber sie sind zweckmäßig: Räuber wie Waschbären oder Marder können das Nest nicht erreichen, die Horstpflege ist einfacher und die Anrainer freuen sich, wenn ihr Solardach verschont bleibt.

 

Jeder freut sich in den Ortschaften besetzte Storchenhorste zu sehen…

 

… aber leider drehen die Störche inzwischen bei, denn die zunehmende Verdichtung durch Neubauten lässt ihnen nicht genug Raum. Und wenn auch die umliegenden Flächen keine Nahrung mehr bieten, müssen sich die Storchenbetreuer etwas einfallen lassen.

 

Aber das ist ein anderes Kapitel, über das wir demnächst berichten.

 

Baumhorst in Wernitz
Baumhorst in Wernitz
Schornsteinhorst in Lietzow
Schornsteinhorst in Lietzow
Gebäudehorst in Wagenitz
Gebäudehorst in Wagenitz

Fotos: NABU/ Claudia Jörg


Tipp:  Wer eine Übersicht über die Lage und Koordinaten der meisten Horststandorte und deren Bruterfolg wissen möchte, kann auf den Seiten der Weißstorcherfassung  fündig werden.

Wählt das Land „Brandenburg“ und dann die Region „Alt-Kreis Nauen“ aus. Die Standorte findet ihr unter  „Horst“ oder ihr ruft die  Karte mit allen Standorten auf und wählt dort einen  Standort aus. 


Wo kann ich Storchenhorste gut einsehen?

Gut einsehen ist so eine Sache, denn das Leben der Störche spielt sich über unseren Köpfen ab. Daher muss man ein wenig Abstand zum Horst halten, um einen besseren Sichtwinkel zu erhalten.

Fotos: NABU/ Claudia Jörg 

Die Beobachtungszeit

Die Beobachtungszeit geht los ab Ende März mit der Ankunft der Störche und endet Mitte August mit deren Abflug.

 Richtig spannend ist die Haupt-Ankunftszeit ab Ende März bis Mitte April. Die Störche fliegen ein, bewachen den Horst und feiern ausgiebig Storchenhochzeit. Manchmal gibt es heftige Kämpfe mit angreifenden Rivalen.

 Danach wird es ruhiger – die Eier werden vier Wochen lang bebrütet und nach dem Schlüpfen werden die Küken vier Wochen bewacht und häufig gefüttert.

In der folgenden Zeit werden die Fütterungen immer seltener, dafür kann man das Wachstum und die Entwicklung der Jungstörche sehr gut beobachten.

 Anfang bis Mitte August ist Abflugzeit – erst die Jungvögel und - nach einer ca zweiwöchigen Erholungsphase - auch die Altstörche.

 

 

Tipp: Vergesst nicht ein Fernglas oder – wer hat - eine Kamera mit Teleobjektiv mitzunehmen. Die Profis packen sich auch eine Sitzgelegenheit ein.


Mühsam, aber wichtig – die Storchenbestände ermitteln

Der Weißstorch gehört zu den geschützten Arten und ist relativ einfach zu beobachten. Daher gibt es eine sehr gute Datenbasis über die Brutplätze, die Nahrungsflächen und das Zugverhalten. Dies ist eine wertvolle Quelle, um zu schauen, wie sich Tiere über die Zeit auf veränderte Umweltbedingungen einstellen.

Daten sammeln …

Wir sammeln Daten über unsere Horstpaare und deren flüggen Nachwuchs, aber auch über Besuche einzelner Störche auf dem Horst. Hierbei notieren wir auch das Datum der Ankunft und des Abfluges der Horststörche. Beringte Störche werden fotografiert und Ringdaten werden an die Beringungszentrale gemeldet. Verendete Störche werden geborgen und der Vogelschutzwarte gemeldet.

 

Unterstützt werden wir von den Storchenfans vor Ort (sog. Ortsbetreuer), die uns ihre Beobachtungen melden. Über diese erfahren wir auch, wenn z.B. ein Storch gefährdet, verletzt ist oder verendet ist und reagieren entsprechend.

… und berichten

 

Wir erstellen jedes Jahr einen Bericht über die Storchenbestände, unsere Pflegearbeiten an Horsten und die Daten beringter Störche. Dieser Bericht geht an das Landesamt für Umwelt, die Untere Naturschutzbehörde, an die deutschlandweite NABU Weißstorchgruppe und an natürlich die Storchen-Ortsbetreuer vor Ort.

Download
Tätigkeitsbericht 2024
Tätigkeitsbericht 2024.pdf
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Nestpflege – können das die Störche nicht selbst?

Doch, es ist sogar wichtig für die Bindung an das Nest.

 

Man kann Nestarbeiten der Störche am besten kurz nach ihrem Eintreffen auf dem Nest beobachten (meist Ende März / Anfang April). Stöcke, Ästchen, Grasbulten, Pferdeäpfel und gerne auch mal Müll jeder Art werden in das Nest eingetragen und verbaut.

 

Dennoch gibt es Fälle, wo wir mit dem Hubwagen anrücken und ausbessern. Z.B., wenn der Horst zu schwer wird oder wenn er sich oben konisch verjüngt, so dass nicht viel Platz für die Jungstörche bleibt. Auch müssen wir gelegentlich dafür sorgen, dass der Aufwuchs naher Bäume den Ein- und Abflug nicht behindert.

Man glaubt nicht wie viel Müll Störche im Nest verbauen können. Besonders kritisch ist liegen gelassenes Bindegarn von großen Heuballen, das offenbar mit Gras verwechselt wird. Die Küken verfangen sich mit den Beinen darin und können sich nicht mehr daraus befreien.

 

Übrigens: Kleckse mit weisser Kalkfarbe auf dem Nestrand scheinen den Horst interessanter zu machen. Nach Storchenart heisst das, dass hier schon ein Artgenosse den Horst besucht hat. Daher haben wir für verwaiste oder neue Horste immer Farbe und Pinsel dabei.

Dieses Nest ist mit 1,9 t ist eindeutig zu schwer!

Storchenhof Paretz
"Storchenvater" Dieter Stark, 2014

Bäume wachsen in das Nest

 Fotos: NABU/ Claudia Jörg


Ein verletzter Storch – was nun?

Immer wieder erreichen uns Anrufe wegen verletzter oder bereits verendeter Störche.

Sie kommen um, weil sie z.B. zu nah an der Straße nach Nahrung suchen und von vorbeifahrenden Autos verwirbelt oder angefahren werden. Mähdrescher oder Traktoren sind sehr attraktiv, da sie Nahrung freilegen oder aufwirbeln. Folgt ein Storch einem wendenden Fahrzeug zu dicht, kann er umgestoßen werden.

Aber die Störche können sich auch selbst bei Kämpfen um die Nesthoheit erhebliche Stichwunden zufügen.

Und nicht zuletzt werfen die Brutstörche ihren Nachwuchs aus dem Nest, wenn die Nahrung knapp ist oder das Tier nicht fit genug ist. Das ist kein fehlgeleitetes Verhalten, sondern eine Maßnahme zur Gesunderhaltung der restlichen Brut.

 

Was schlagen wir vor:

Wenn ein Tier stark verletzt ist, sollte es umgehend von einem Tierarzt eingeschläfert werden, um ihm Leiden zu ersparen.

Merke: Störche haben hohle Knochen und ein Knochenbruch ist so gut wie nicht heilbar.

 

Bei Jungstörchen, die aus dem Nest geworfen wurden und unverletzt und munter erscheinen, empfehlen wir einen Tierarzt aufzusuchen oder beim Storchenhof- Vogelschutzwarte Loburg e.V. anzurufen, ob Platz haben und sich um das Tier kümmern können. Sie sind hilfsbereit und haben viel Erfahrung.

  

Wichtig: Versucht NICHT den Tieren Flüssigkeit oder Nahrung einzuflößen. Schnell erwischt man die Luftröhre, statt der Speiseröhre und das Tier verendet qualvoll. Bei Hitze kann man Trinkwasser in einem Gefäß anbieten.

 

 

Bitte informiert uns über tote oder verletzte Tiere. Wir können euch beraten und, wenn möglich übernehmen wir das Tier.


Friedolin, abgeworfen aus einem Nest in Paaren im Glien

Wir ersparen euch die Fotos der Unfallopfer. Stattdessen berichten wir von einem Küken, das wir zum Storchenhof Loburg gebracht haben.

 

Im Storchenhof Loburg werden die Störche untersucht und wenn sie eine gute Überlebenschance haben, werden sie aufgezogen. Zur Fütterung wird ein „Fakestorch“ aus Plastik eingesetzt, damit die Pfleglinge die Fütterung nicht mit Menschen verbinden. Wenn sie sich gut entwickeln, werden sie beringt und in Nester wilder Störche gesetzt. Gibt es nur zwei Nestgeschwister und damit nicht zu große Konkurrenz im Nest, haben sie eine Chance von der Storchenfamilie akzeptiert zu werden.

Fotos: NABU/ Claudia Jörg

Unser Lieblingssport – beringte Störche aufspüren

Der hat einen Ring!

Das erste, was wir anpeilen, wenn wir Störche sichten, sind die Läufe der Störche – ist ein Ring zu sehen?

Inzwischen haben wir die richtige Ausrüstung, um Ringe „telemäßig“ zu fotografieren. Nicht einfach: z.B. sollte ausreichend Licht vorhanden sein, die Sonne möglichst von der Seite kommen und kein Geäst oder Vogelkot den Ring verdecken. Mit etwas Glück können wir dann qualitativ gute Ringfotos und die Funddaten an die zuständige Beringungszentrale melden. Über diese erfahren wir dann die Herkunft und die Aufenthaltsorte, wenn bereits sicher auch das Geschlecht des Storches.

 

 

Die Ringe

Die Ringe sind mit bestimmten Buchstaben und Zahlen gekennzeichnet, die in dieser Kombination nur einmal, und zwar von einer Beringungszentrale vergeben wird. Beringt werden meist Jungvögel im Nest; in Ausnahmefällen auch erwachsene Vögel.

 

Übrigens: Im Ost-Havelland wird nicht mehr beringt wie z.B. im Westhavelland. Hier haben die Kollegen einen Forschungsauftrag, der ihnen die Beringung erlaubt.

 

 

Fotos:  NABU/ Claudia Jörg & Karen Meyer


Noch interessanter - besenderte Störche online verfolgen

 

Noch viel genauer lassen sich online Aufenthaltsorte und Zugrouten von besenderten Störchen verfolgen. 

 

NABU Blog Störche auf Reisen

 

oder

 

 

Satellitentelemetrie beim Storchenhof Loburg


Ein Blick zurück – die Zeit vor den Betonmasthorsten

Früher wurden die meisten Storchennester auf Schornsteinen, Dächern oder Holzkonstruktionen gebaut. Um die Nester zur Nestpflege oder zu Beringungen von Jungvögeln zu erreichen, kamen nur selten Hubwagen oder Feuerwehrleitern zum Einsatz.

 

Die Fotos stammen nur zu einem kleinen Teil aus dem heutigen Ost-Havelland. Das Team der Beringer arbeitete auch in an angrenzenden Bezirken.

 

Schaut mal wie abenteuerlich die Storchenbetreuer damals gearbeitet haben!

 

 An dieser Stelle möchten wir die damaligen Storchenbetreuer Horst Schreiber sowie Uschi und Dieter Stark ehren. Dank ihrer Arbeit übernehmen wir ein Gebiet mit vielen Horsten und wissen wir wie sich die Storchbestände in unserer Region seit 1960 entwickelt haben. 

 

 

 

 

 

Fotos: Hans Freitag